Die Ergebnisse einer ersten Machbarkeitsstudie über mögliche Routen für eine oberirdische Schienenverbindung von der Bonner Innenstadt in den Bonner Westen legt die Stadt Bonn jetzt den politischen Gremien vor.
Für die Westbahn – eine Weiterentwicklung der früheren Hardtbergbahn – werden in einer Mitteilungsvorlage für den nächsten Ausschuss für Planung, Verkehr und Denkmalschutz (27. November 2019) sowie die Bezirksvertretungen Bonn und Hardtberg (beide am 3. Dezember 2019) fünf Varianten – A bis E – mit jeweiligen Untervarianten erläutert, gegenübergestellt und ihre Realisierungschancen bewertet. Nach Auffassung des beauftragten Gutachters sind die Trasse A, die vom Bonner Hauptbahnhof über die Endenicher Allee führt, und die Variante C von der Thomas-Mann-Straße und der Rabinstraße mit Untertunnelung der DB- und Stadtbahnstrecke, entlang der Viktoriabrücke und über die Endenicher Straße die zu favorisierenden Streckenführungen.
Der Rat hatte am 26. März 2015 die oberirdische Verbindung in den Bonner Westen beschlossen, nachdem in den Jahrzehnten zuvor bereits unterschiedliche Alternativen insbesondere mit Tunnelstrecken geprüft und verworfen worden waren.
In der aktuellen Machbarkeitsstudie stellt der Gutachter die Varianten der Westbahn in einer Matrix gegenüber, die aus Gründen der Vergleichbarkeit auch noch die frühere Tunnelplanung enthält und für die Bewertung die im jeweiligen Einzugsgebiet erreichbare Zahl von Einwohnern aufführt. Der Gutachter wird in der Sitzung des Planungsausschusses am 27. November gemeinsam mit dem Tiefbauamt die Studie vorstellen und erläutern.
Hauptvariante A über die Endenicher Allee
Alle drei Untervarianten – A1, A2 und A4 – starten am Hauptbahnhof. Bei A1 geht es über die Südunterführung, Poppelsdorfer Allee, Baumschulallee, Endenicher Allee, Wesselbahnweg, über das Endenicher Ei, den Hermann-Wandersleb-Ring zur Provinzialstraße. Die Untervariante A2 unterscheidet sich in der Streckenführung am Hauptbahnhof. Hier würde die Bahn stadtauswärts eingleisig über die Poppelsdorfer Allee bis zur Baumschulallee und dann in die Endenicher Allee weiterführen, stadteinwärts ebenfalls eingleisig über Colmant- und Quantiusstraße. Bei der Alternative A4 handelt es sich um einen Bürgerantrag, der die Bahn wie bei der Möglichkeit A1 dann aber ab Wiesenweg parallel zur Autobahn bis zur Provinzialstraße vorsieht.
Denkbar wäre auch laut Gutachter eine Kombination der Variante A1 mit einer unterirdischen Führung aus Richtung Stadthaus mit Rampe bis zur Baumschulallee als Variante A3.
Sowohl den Trassen A1 als auch A2 bescheinigt die Studie eine grundsätzliche Machbarkeit. Sie sind beide 3,6 Kilometer lang, die Reisegeschwindigkeit beträgt 16,3 Stundenkilometer, aber nur rund elf Prozent können als Mischspur mit dem Individualverkehr umgesetzt werden. Im Einzugsbereich von A1 bis A3 leben jeweils 8720 Einwohner. Die Variante A4 wird nicht weiter untersucht, da für die Realisierung der Abriss mehrerer Gebäude in Endenich erforderlich wäre und auch nur etwa 6000 Menschen im Einzugsgebiet wohnen.
Hauptvariante B über die Endenicher Straße
Diese Alternative würde von der Thomas-Mann-Straße und dem Hauptbahnhof über die Nordunterführung, Herwarthstraße, Endenicher Straße, Endenicher Ei und Wandersleb-Ring zur Provinzialstraße verkehren. Diese Variante hat laut Gutachter erhebliche Nachteile. Zum einen müsste vor dem Hauptbahnhof ein Richtungswechsel der Bahnen erfolgen, was bereits an den zu geringen Platzverhältnissen scheitert bzw. nur mit einer Wendeanlage umsetzbar wäre, was erheblichen Zeitverlust bedeuten würde. Außerdem mangelt es der Nordunterführung an der erforderlichen Durchfahrtshöhe.
Hauptvariante C über die Endenicher Straße
Beide Varianten C1 und C2 würden nicht am Hauptbahnhof entlangfahren, sondern von der Thomas-Mann-Straße in die Rabinstraße abbiegen und in einem Tunnel die DB- und Stadtbahngleise unterqueren. Diese Linienführung würde die geplante neue Unterführung für Radfahrer und Fußgänger ab dem Alten Friedhof nicht tangieren. C1 würde nach der Unterquerung der Bahngleise über die Endenicher Straße, Endenicher Ei und den Hermann-Wandersleb-Ring zur Provinzialstraße führen. C2 würde nach den Gleisen auch noch die Viktoriabrücke unterqueren und dann über Nidegger- und Karlstraße auf die C1-Trasse gelangen.
C3 würde wie C1 verlaufen, allerdings über die künftige Rampe vom Kreisel am Alten Friedhof auf die Viktoriabrücke fahren.
C4 würde auf die Wesselbahntrasse abzweigen und könnte damit den neuen Uni-Campus Poppelsdorf und das westliche Poppelsdorf mit erschließen.
Die Varianten C1 und C2 wären machbar, dabei wurde auch die Geh- und Radwegeführung im Bereich der derzeitigen Sanierung der Viktoriabrücke einschließlich der Zuwegung über die neue Rampe berücksichtigt. Die Streckenlänge liegt zwischen 3,7 und 3,9 Kilometern. Vorteil von C1 wäre, dass keine Abschnitte im Mischverkehr laufen, während bei C2 rund 14 Prozent im Mischverkehr mit dem Individualverkehr notwendig wären. Beide Varianten lassen sich mit 16,4 Stundenkilometern bewältigen.
Die Alternative C3 über die Viktoriabrücke ist nicht umsetzbar, da die Brückenkonstruktion darauf nicht ausgelegt ist und außerdem die für den Bahnverkehr einzuhaltenden Mindestradien eine Straßenbahntrasse in der Einmündung der Rampe auf die Brücke nicht zulassen.
Das Einzugsgebiet von C1 und C2 umfasst 8249 Einwohner. Beide Alternativen hätten noch den Vorteil, dass das künftige Entwicklungspotential an der Karlstraße und dem ehemaligen Schlachthofgelände mit erschlossen werden könnte.
C4 ist mit allen C-Varianten kombinierbar und würde zusätzlich noch einmal 1215 Einwohner mit erschließen.
Hauptvariante D über die Endenicher Allee
Die Trasse von D1 verläuft zweigleisig durch die Nordunterführung und schwenkt dann über Herwarth- und Bachstraße in die Variante A1 ein. D2 nimmt den Weg wie A2, jedoch stadtauswärts eingleisig über die Nordunterführung. Beide Alternativen haben laut Gutachter aufgrund des erforderlichen Richtungswechsels vor dem Bahnhof erhebliche betriebliche Nachteile.
Hauptvariante E über die Poppelsdorfer Allee
Die beiden Varianten E1 und E2 sind lediglich als Ideenskizzen in der Machbarkeitsstudie aufgenommen, weil sie größere Grundstücksflächen des Uni-Geländes in Poppelsdorf in Anspruch nehmen würden und nur gemeinsam mit der Universität und dem Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW weiter zu verfolgen wären.
Fazit
Die Machbarkeitsstudie schlägt vor, die Varianten A und C zu favorisieren. Für beide wurde daher die Planung vertieft und die Gleisanlagen im Straßenquerschnitt mit eigenen Bahnkörpern und Mischflächen dargestellt. Dabei wurden die unterschiedlichen Reisezeiten berechnet und als Bewertungsmaßstab in die Matrix eingearbeitet. Sowohl von den Reisezeiten als auch von den jeweils erschlossenen Einzugsgebieten lassen sich keine gravierenden Unterschiede feststellen, die bereits jetzt den Ausschluss einer dieser Varianten zulassen.
Wie geht es weiter?
Das weitere Verfahren muss noch mit der Politik abgestimmt werden. Dabei ist auch die Bürgerbeteiligung vorgesehen. Abhängig vom Beratungsverlauf und den Ergebnissen der Bürgerbeteiligung wird die Beschlussfassung für die weiter zu untersuchenden Vorzugsvarianten 2020 angestrebt.