Das neue Frühwarnsystem vor Starkregen wird zurzeit am Godesberger und Mehlemer Bach ausgebaut. Insgesamt acht Alarmpegel lässt das Tiefbauamt an diesen beiden in den letzten Jahren von Starkregenereignissen besonders betroffenen Bachläufen installieren.
Am Ufer des Godesberger Bachs am Marienforster Steinweg erläuterte Amtsleiter Peter Esch die Funktionsweise der neuartigen Mess- und Warneinrichtung. Nachdem sich die bereits im April am Mehlemer Bach, Bachemer Straße, montierte Pilotmessstelle bewährt hat, konnte nun der weitere Ausbau des eigens vom Tiefbauamt entwickelten Frühwarnsystems erfolgen. Voraussichtlich ab Freitag, 7. Juli 2017, sind alle acht neuen Alarmpegel einsatzbereit und können künftig die Anwohner besser, frühzeitiger und zuverlässiger vor einer Hochwasserwelle warnen, damit sie noch einige letzte Schutzvorkehrungen treffen können. Rund 180 000 Euro kostet die Ausstattung mit dem Frühwarnsystem, hinzu kommen nochmals rund 15 000 für die Software.
Funktionsweise des Alarmpegels
Die Apparatur ermittelt ständig die Pegel der beiden Bäche. Es handelt sich um eine mit Radartechnik arbeitende Messeinheit, die zuverlässig 24 Stunden am Tag, 365 Tage im Jahr, Daten an einen Verkehrsrechner übermittelt, der eigentlich für Ampelschaltungen verantwortlich ist.
Der Standort des Piloten am Mehlemer Bach wurde ausgewählt, weil das Tiefbauamt hier aus mehreren Hochwasserereignissen aus den vergangenen Jahren auf die beste hydraulische Datenlage zurückgreifen konnte. Als weitere Komponente sollen einige Messstellen zusätzlich mit Videotechnik ausgestattet werden – dies ist auch bei der Messstelle am Marienforster Steinweg der Fall. Werden bei der Messung kritische Lagen erkannt, ermöglicht die Videotechnik eine rasche visuelle Kontrolle der Brückendurchlässe.
Nach dem Mehlemer und Godesberger Bach sollen letztlich alle Bachsysteme mit höherem Schadenspotential mit dieser Technik ausgestattet und so lückenlos Tag und Nacht überwacht werden.
Zusammenarbeit mit der Feuerwehr
Geht ein heftiger Starkregen im teils großen Einzugsgebiet der Bäche nieder, kommt es nach kürzester Zeit zum Hochwasserabfluss. Es ist bislang kaum möglich, rechtzeitig zu erkennen, ob ein starker Hochwasserabfluss auch zu einer Überlastung der Bachläufe führt. Für eine Erkundung vor Ort durch Einsatzkräfte der Feuerwehr oder die Ingenieur-Rufbereitschaft des Tiefbauamts bleibt keine Zeit. Eine Warnung bei jedem Starkregenereignis im Sommer würde zu sehr vielen Fehlalarmen führen.
Im nächsten Schritt wird deshalb die Datenübermittlung zur Feuerwehr realisiert. Damit einher geht die Kalibrierung des Systems, um in der Leitstelle der Feuerwehr die Warnung auslösen zu können. Grundlage dafür werden Warnschwellen sein, die das Tiefbauamt festlegt.
Warnung vor der Hochwasserwelle
Um die Bonnerinnen und Bonnere möglichst frühzeitig zu warnen, beschreitet das Tiefbauamt auch noch andere Wege: So wurden zunächst stadtweit und auf dem Gebiet der Gemeinde Wachtberg Regenmessstationen errichtet. Sie melden sich, wenn bestimmte Niederschlagsmengen erreicht sind, in festgelegten Zeiteinheiten. Ziel ist die Alarmauslösung etwa per Sirene oder per Warn-App NINA sobald kritische Werte erreicht werden. Die Regenmesser sind einsatzbereit, die Datenübertragung zur Feuerwehr funktioniert. Die Ausweitung der Messungen insbesondere auch in Wachtberg wird sukzessive umgesetzt. Leider liefern diese Messeinrichtungen aber nur bedingt belastbare Rückschlüsse auf die Pegelstände, so dass sie als alleinige Alarmauslöser ungeeignet sind und eher als unterstützendes System fungieren können.
Die wasserwirtschaftlichen Pegelmessstellen, die das Tiefbauamt betreibt, haben eine andere Aufgabe und bilden keine Basis für eine zuverlässigere Warnung. Denn sie arbeiten mit einer Technik, die bei starken Hochwasserabflüssen regelmäßig versagt oder sogar zerstört wird.
Der Vorteil des neu entwickelten Alarmpegels ist die weitgehend unwetterresistente Einsatzbereitschaft. Sie liefert rund um die Uhr Daten, die eine Alarmauslösung erlauben.
Stadt erinnert an Pflicht zur Eigenvorsorge
“Trotz dieser Innovationen wird auch in Zukunft keine vollkommen verlässliche Warnung möglich sein. Wichtig ist für die Stadt, dass gerade in der Startphase des neuen Alarmpegels auch Erfahrungen gesammelt werden, die wir nutzen, um nachzujustieren,” erläuterte Peter Esch.
Auch zukünftig sei es nicht ausgeschlossen, dass Warnungen nicht erfolgen, wo sie rückblickend nötig gewesen wären, oder dass es zu Fehlalarmen kommt.
Die Alarmpegel sind zusätzliche Bausteine in der Starkregenvorsorge. Letztlich handelt es sich bei Niederschlägen mit 100 oder mehr Jahren statistisch zu erwartender Wiederkehrzeit um Naturkatastrophen, vor denen es keinen umfassenden Schutz geben kann.
“Die Stadt Bonn ergreift überall da, wo es möglich und wirtschaftlich darstellbar ist, bauliche Schutzmaßnahmen, erinnert aber auch die Bürgerinnen und Bürger an ihre Pflicht zur Eigenvorsorge”, so Esch.
Zur Sensibilisierung der Bevölkerung hat das Tiefbauamt mehrere Broschüren und Faltblätter entwickelt und verteilt. Zuletzt hat die Tiefbauamt ein Info-Blatt zu den Grundbesitzabgabenbescheiden beigelegt, die im Februar 2017 verschickt wurden. Die Informationsdichte auf der städtischen Internetseite www.bonn.de/@starkregen zum Thema ist inzwischen sehr umfangreich und gut.