Postfaktische Argumente in der Bäderdebatte

Die Diskussion um die Auswirkungen des neuen Bäderkonzeptes innerhalb der Bonner Stadtgesellschaft entbehren teilweise einer soliden Faktenbasis. Es wird mit subjektiven Schätzungen argumentiert und für die Umsetzung eines neuen Zentralbades liegt bis heute kein Finanzierungskonzept vor. Um wenigstens die Folgen für Kinder und deren Wegstrecke zum nächstgelegenen Hallenbad zuverlässig abschätzen zu können, hat die Sozialliberale Fraktion im Rat der Stadt Bonn ein Rechenmodell auf der Basis von 16.000 Datensätzen entwickelt. Im Durchschnitt erhöhen sich die Fahrzeiten zum nächsten Hallenbad durch das neue Bäderkonzept um 27,5%. In einigen Bezirken verdoppelt sich sowohl Entfernung als auch Reisezeit. Vertreter des Stadtsportbundes hatten behauptet, das neue Zentralbad sei mit dem Fahrrad bequem von allen Punkten der Stadt zu erreichen. Diese Behauptung ist nicht tragbar.
Schwimmen ist eine grundlegende Fähigkeit. Deswegen sollte sie genauso zum Bildungsauftrag gehören, wie das Lehren von Lesen, Schreiben und Rechnen. Im Bürgerbegehren zur Zukunft des Kurfürstenbades, haben die Bonner Bürger die Möglichkeit, darüber zu entscheiden, ob ein öffentliches Hallenschwimmbad im Stadtbezirk Bad Godesberg erhalten bleibt.
Die Finanzlage zahlreicher deutscher Kommunen ist katastrophal. Wo der Nothaushalt regiert, werden die Budgets zusammengestrichen. Schwimmbäder sind oftmals die ersten Opfer der Sparmaßnahmen. 1980 konnten aus einer dreißigköpfigen Schulklasse zwei Kinder nicht schwimmen. Heute sind es bereits elf Kinder aus einer Klasse, die nicht mehr Schwimmen lernen.
Der Ansatz der Sozialliberalen lautet daher: Rettung der kommunalen Infrastruktur im Veedel. Jeder Bonner Stadtbezirk braucht eine eigene, öffentliche Mindestversorgung vor Ort. Im Fall der Schwimmbäder darf nicht nur auf die Betriebswirtschaftlichkeit geschaut, sondern muss auch der soziale Bildungsauftrag öffentlicher Bauplanung miteinbezogen werden.
Mit Hilfe eines Routenplaners und einer Statistik der Stadtverwaltung, in der das Stadtgebiet in 60 Bezirke unterteilt und diesen die jeweiligen Bevölkerungszahlen zugeordnet werden, haben die Sozialliberalen berechnet, welches Hallenbad für die Gruppe der 3- bis 10-Jährigen am schnellsten zu erreichen ist, jeweils zu Fuß, mit dem Fahrrad, dem ÖPNV oder dem Auto der Eltern (jeweilig 25%). Insgesamt haben wir rund 16.000 Datensätze abgefragt.

Die Zahlen sprechen eine eindeutige Sprache: Fahren alle Bonner einmal im Jahr ins nächstgelegene Schwimmbad, sind sie in der aktuellen Bäderkonstellation insgesamt rund 66 Tage (ca. 959.000 km) unterwegs. Nach der Schließung von Kurfürsten- und Frankenbad und dem Bau eines Zentralbades in Dottendorf, sind die Bonner schon rund 81 Tage (ca. 1.248.000 km) unterwegs. Für die Drei- bis Zehnjährigen beträgt die Zunahme der Pro-Kopf-Entfernung zum nächstgelegenen Hallenbad durchschnittlich 27,5%, wenn die aktuelle Bäderplanung der Stadt Bonn so umgesetzt wird.
Felix Kopinski, Fraktionsvorsitzender der Sozialliberalen im Rat der Stadt Bonn, erklärt dazu: „Bei der Berechnung stellte sich heraus, dass die kinderreichsten Stadtteile in Bonn Tannenbusch im Norden und Lannesdorf/Mehlem im Süden liegen. Folglich sollte möglichst dort Schwimmbad-Infrastruktur vorgehalten werden. Zumindest dann, wenn es darum geht, möglichst vielen Kindern, möglichst einfach das Schwimmen beizubringen.“
Nach den Berechnungen hat das Kurfürstenbad ein wesentlich größeres Einzugsgebiet (76.218 Einwohner), als das Hardtbergbad (47.969 Einwohner). Es versorgt 685 (15%) mehr Kinder zwischen drei und zehn Jahren. Besonders wichtig ist das Kurfürstenbad deshalb, weil es sehr weit vom Bonner Stadtzentrum entfernt ist. Kinder aus Mehlem (Messbezirk 268) benötigten in der neuen Bäderkonstellation durchschnittlich rund 28 Minuten bis in das geplante Zentralschwimmbad. Zu Fuß bräuchten diese Kinder 1 Stunde und 48 Minuten (8,8 km) und mit dem Fahrrad 30 Minuten (9 km). Mit Bus und Bahn sind die Kinder 46 Minuten unterwegs und müssen zweimal umsteigen. Selbst mit dem Auto brauchen Eltern aus Mehlem 21 Minuten (11,9 km), um ihre Kinder ins Schwimmbad zu fahren. Dies natürlich nur, wenn auf der B9 kein Stau ist.
Felix Kopinski erklärt weiter: „Wir sprechen uns dafür aus, an der Stelle des Kurfürstenbades einen Neubau zu errichten und das geplante Zentralbad im Bonner Norden, idealerweise in Tannenbusch, zu planen. Dazu gehört zunächst, den Standort Bad Godesberg zu retten.“

Die Sozialliberalen stellen die Rohdaten zur Berechnung von Wegstrecke, Reisedauer und den vergebenen Referenzpunkten auf Ihrer Webseite zur Verfügung unter:

https://www.diesozialliberalen.de/bad.html

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.