Jahresbilanz Bürgerbegehren 2020: Trotz Corona mehr Bürgerbegehren als im Vorjahr

++ Radverkehr weiterhin Topthema kommunaler Bürgerbegehren ++

Im Jahr 2020 wurden insgesamt 36 Bürgerbegehren in NRW eingeleitet. Das Topthema waren Fahrrad-Bürgerbegehren, sogenannte Radentscheide. Insgesamt neun solcher Radentscheide wurden auf den Weg gebracht. Anders als in den Jahren zuvor, gab es zur Frage Sanierung oder Neubau von Rathäusern 2020 kein einziges Bürgerbegehren. Das vermeldet der Fachverband Mehr Demokratie anlässlich seiner Bürgerbegehrens-Jahresbilanz heute in Köln. „Besonders erfreulich ist, dass trotz Corona das bürgerschaftliche Engagement nicht zum Erliegen kam. Es wurden sogar mehr Bürgerbegehren als im Vorjahr gestartet, obwohl sich etwa Unterschriftensammlungen unter Pandemie-Bedingungen deutlich schwieriger gestalten“, so Achim Wölfel, Leiter des Landesbüros NRW von Mehr Demokratie.

Mithilfe von Radentscheiden setzen sich Bürger für Verbesserungen im Radverkehr in ihren Städten und Gemeinden ein. Solche Bürgerbegehren gab es im letzten Jahr in Bielefeld, Bochum, Bonn, Detmold, Essen, Kaarst, Marl, Paderborn und Rheinbach. Ein Drittel der Verfahren wurde bereits vom Stadtrat angenommen, also durch einen Ratsbeschluss positiv erledigt. Auffällig ist, dass solche Radentscheide häufig deutlich mehr Unterschriften sammeln, als für ein erfolgreiches Verfahren nötig wären. Mit insgesamt fünf Verfahren stellten Bürgerbegehren, die den Erhalt von Bäumen und Grünflächen zum Gegenstand haben, einen zweiten thematischen Schwerpunkt dar.

Insgesamt wurden im Jahr 2020 in NRW 36 Bürgerbegehren neu eingeleitet und 12 Verfahren abgeschlossen. Damit ist die Anzahl der neu eingeleiteten Verfahren im Vergleich zum Vorjahr leicht gestiegen, im Jahr 2019 wurden insgesamt 31 Bürgerbegehren gestartet. Mit Blick auf die kommunale Verteilung von Bürgerbegehren sind Essen und Schermbeck mit je vier Verfahren Spitzenreiter, gefolgt von Bonn mit drei Verfahren. Von den abgeschlossenen Verfahren führten vier zu einem Bürgerentscheid. So wurde im März in Ahlen über die Sanierung des Rathauses abgestimmt. In Schermbeck gab es im Juli einen Ratsbürgerentscheid zum Erhalt von zwei Grundschulstandorten, der ein Bürgerbegehren aufgegriffen hat. Im September fand, parallel zur Kommunalwahl, ein Ratsbürgerentscheid in Dülmen für einen autofreien Königsplatz statt. Zuletzt wurde im November in Bonn über eine Wohnbebauung am Melbbad abgestimmt.

Trotz der anhaltenden Corona-Pandemie zeigt sich eine rege Bürgerbegehrens-Praxis in NRW. Dies sei aus Sicht Wölfels bemerkenswert, da sich die Bedingungen für Bürgerbegehren grundsätzlich erschwert hätten. Seit Mitte März gab es in NRW Einschränkungen für Informationsveranstaltungen und Unterschriftensammlungen. Problematisch seien diese insbesondere für kassierende Bürgerbegehren gewesen, also solche, die sich gegen Ratsbeschlüsse wandten, da hier eine dreimonatige Frist für die Unterschriftensammlung gilt. Nicht erfassen lasse sich, welche Initiativen aufgrund der Corona-Pandemie von der Initiierung eines Bürgerbegehrens überhaupt erst abgesehen haben.

Um auch in Pandemie-Zeiten faire Bürgerbeteiligung zu ermöglichen, hatte sich Mehr Demokratie mehrfach für eine temporäre Aussetzung der Frist für kassierende Bürgerbegehren eingesetzt. Das Kommunalministerium sah jedoch keinen Handlungsbedarf in dieser Frage. Anders wurde die Situation etwa in Baden-Württemberg bewertet: Der Landtag beschloss bereits im Mai 2020, dass die Fristen für kassierende Bürgerbegehren auch rückwirkend für das gesamte Jahr 2020 aufgehoben werden.

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