HELFEN MACHT GLÜCKLICH!

Nach gut 50 Jahren beim Technischen Hilfswerk (THW) geht der langjährige Präsident Albrecht Broemme in den Ruhestand. Aus diesem Anlass haben wir die 66. Young Leaders Akademie in Strausberg der Young Leaders GmbH besucht, um uns dort zu informieren und einen Eindruck gewinnen zu können, was Broemme in seiner langen Zeit als Feuerwehrmann und Freiwilliger beim THW erlebt hat. Vor allem aber wollten wir erfahren, was das Technische Hilfswerk eigentlich ist und wie man sich selbst dort engagieren kann.

Wenn die Feuerwehr nicht mehr helfen kann …

… dann kommt das THW! Doch, was heißt es eigentlich, wenn die Feuerwehr nicht mehr helfen kann? Die Antwort ist einfach: Die Welt wird heutzutage durch Naturkatastrophen immer stärker herausgefordert – so stieg die Zahl der durch den Klimawandel bedingten Katastrophen in den vergangenen 20 Jahren von durchschnittlich 165 auf 329 pro Jahr. Häufig kann die Feuerwehr helfen, doch irgendwann sind auch ihre Möglichkeiten erschöpft, sodass Spezialeinheiten in den Einsatz müssen: In solchen Notfällen wird das THW gerufen. Denn dort hat man hochspezialisierte technische Mittel und ausgebildete Fachleute, um genau dann zu helfen, wenn andere Behörden überfordert sind oder deren technische Möglichkeiten nicht mehr ausreichen. So zum Beispiel bei Erdbeben, oder Überschwemmungen. Für das THW bedeuten diese immer häufiger auftretenden Wetterextreme vermehrte, längere und vor allem gefährlichere Einsätze. Diese bewältigen die THWler bisher meisterhaft und haben in den vergangen Jahren fast rund um die Uhr und im Jahr 2018 genau 41.888.280 Minuten vielen Menschen aus rund 130 Ländern geholfen. So haben sie Brücken gebaut, Häuser vor dem Einsturz gerettet oder als Logistiker Geräte zur Verfügung gestellt und Einsätze koordiniert. Das THW ist also von entscheidender Bedeutung, wenn es darum geht, bei Katastrophen effektiv zu helfen und den Wiederaufbau zu leisten!

Notbeleuchtung oder Stromleitung für ein Konzert

Das THW wird auch gerufen, wenn man für die Sicherheit von Großveranstaltungen oder Open Air-Konzerten sorgen muss. Oftmals müssen nämlich für derartige Veranstaltungen die Not- und Sicherheitsbeleuchtungen aus- bzw. aufgebaut, betrieben sowie Fluchtwege ausreichend ausgeleuchtet werden. Dafür bedarf es eines technisches Equipments, dass die Veranstalter meistens gar nicht haben und auch nicht einfach mal mieten können. Ganz zu schweigen von den Fachkräften, die ein solches Unterfangen benötigt, um alles aufbauen und bedienen zu können. Auch in einem solchen Fall kann das THW schnell helfen und mobile Netzersatzanlagen mit Lichtmasten, mobile Drehleitern und Lichttraversen aufbauen. Mit riesigen Lichtleistungen von mehreren Tausend Watt können Fluchtwege und das Gelände so ausgeleuchtet werden, dass die Sicherheit der Konzertbesucher bei einem Ernstfall gewährleistet ist.

Das THW als Bundesbehörde

Das THW soll eine Bundesbehörde sein!? Scheint seltsam, ist aber wahr: Obwohl sich das THW hauptsächlich ehrenamtlich aufstellt, ist es – wie zum Beispiel die Polizei – eine Bundesbehörde und untersteht somit dem Bundesinnenministerium. Diese Besonderheit macht das THW auch so einzigartig: Es gibt keine andere Behörde, deren Arbeit von Freiwilligen derart abhängt; nicht hier in Deutschland und auch nicht im Rest der Welt. Die rund 80.000 Freiwilligen des THWs können Ingenieure, Feuerwehrmänner, Techniker aber auch genauso Lehrer, Bäcker oder Kunsthistoriker sein und aus Berufsgruppen kommen, die man nicht mit dem technischen Umfeld des THWs assoziieren würde. Auch spielt das Alter keine Rolle. So betont Broemme denn auch, dass jeder willkommen sei, der Interesse an technischem Gerät und die Freude daran habe, im Team zu helfen. Für Broemme ist vor allem die Teamarbeit zentral und so er hat dazu eine klare Botschaft: „Wer gerne im Team arbeitet, ist im THW genau richtig! Alles dann Erforderliche lernen die Interessierten bei uns”, versichert er und lädt während seines Vortrages auf der 66. Young Leaders Akademie alle Zuhörer ein, sich beim THW zu engagieren. Die 80.000 Ehrenamtlichen – etwa 15.000 davon sind Jugendliche – arbeiten in verschiedenen Fachgruppen und werden durch viele professionelle Ausbildungen zu richtigen Experten. Vom Verpflegungstrupp zum Bergungstrupp bis hin zum Führungstrupp ist alles dabei. Organisiert sind diese Gruppen in Ortsverbänden, die, so Broemme, fast wie Familien zu starken Gemeinschaften zusammenwachsen.

Doch das THW hat auch viele hauptamtliche Mitarbeiter: Der Hauptsitz in Bonn-Lengsdorf ist Arbeitsplatz für den Großteil der rund 1.000 hauptamtlichen THWler. Wer seine Arbeit also beruflich dem THW zur Verfügung stellen möchte, kann dort von der Entwicklung der Einsatzgrundlagen über die Umsetzung von Strategien bis hin zur Betreuung der ehrenamtlichen Kräfte oder in der Presse- und Öffentlichkeit viele unterschiedliche Aufgaben übernehmen. 

Deutschland als Vorbild für andere Länder

Die Arbeit des THWs erfolgt maßgeblich in Deutschland aber seit einigen Jahren vermehrt auch im Ausland. So zum Beispiel bei den verheerenden zwei Zyklonen im Frühjahr 2019, die über Südostafrika hinweg fegten und unfassbare Zerstörung anrichteten. Noch nie zuvor gab es in der Region zwei so starke Wirbelstürme hintereinander. Häuser wurden einfach hinweggefegt und Sturzfluten hinterließen Trümmer und Schlamm. Ein klarer Auftrag für das THW! Oder bei dem großen Erdbebenunglück in Albanien im Herbst 2019, bei dem unter gefährlichsten Bedingungen Überlebende unter den Trümmern der Gebäude gesucht wurden, konnte das THW tatkräftige Unterstützung leisten.

In solch buchstäblich katastrophalen Situationen stellen die betroffenen Länder ein Hilfeersuchen, auf das die Bundesregierung mit der Entsendung von Einsatzkräften des THWs reagiert. Der Grund für diesen Notruf ist naheliegend: Das THW besitzt nicht nur das Know-How, sondern auch die entsprechenden Werkzeuge, um Katastrophen in enger Zusammenarbeit mit anderen Behörden zu bekämpfen und Menschen zu helfen. Deshalb versuchen auch immer mehr Länder, vergleichbare Behörde nach dem Vorbild des THWs zu gründen. In enger Kooperation mit China zum Beispiel entsteht dort zur Zeit das sogenannte „National Institute of Emergency Management“ (NIEM), das nationale Institut für Notfall-Management. Aber auch andere Länder lernen vom THW – und zwar im wahrsten Sinne des Wortes: Das THW führt viele Missionen durch, in deren Rahmen Einsatzkräfte der jeweiligen Länder geschult werden, um Katastrophen eigenständig besser bekämpfen zu können. Somit will das THW diese Länder unterstützen, zukünftig in Sachen Katastrophenschutz auf Katastrophen schnell selbständig reagieren zu können. Außerdem leiten die deutschen Ehrenamtlichen oft vor Ort strategische Positionen, um weiterhin für die dortige Sicherheit sorgen zu können.

Wie kann man beim THW mitmachen?

Beim THW gilt grundsätzlich die Bereitschaft, anderen zu helfen und im Team zusammenarbeiten zu wollen. Darüber hinaus müssen eine Grundausbildung und ein Gesundheitscheck durch das THW absolviert werden. Technische Kenntnisse sind nützlich, aber nicht notwendig. Wer also mitmachten möchte, ist nicht auf sein Wissen, seinen Beruf oder sein Studium beschränkt, sondern kann hier ganz neue Erfahrungen und Fähigkeiten sammeln. Das THW selbst wirbt damit, „unbürokratisch und schnell“ zu sein. Das mag sicherlich auch ein Grund für die bundesweit rund 80.000 THWler sein, sich zu engagieren.

Eine Besonderheit hat das THW außerdem; nämlich dass das Gehalt der Ehrenamtlichen während ihres Einsatzes vom THW übernommen wird! Das heißt, dass während der Einsätze nicht mehr die eigentlichen Arbeitgeber der Ehrenamtlichen, sondern das THW das Gehalt für die Zeit bezahlt, in der sie im Dienste des THWs stehen. Dadurch kann eine Hilfe ohne Hürden erfolgen! Somit wird den ehrenamtlichen Einsatzkräften eine große Last genommen, die ja schließlich auch dafür sorgen müssen, dass bei allem Ehrenamt sie selbst und ihre Familie nicht zu kurz kommen. 

Zudem gilt: Durch dieses ehrenamtliche Engagement kann man sehr viel für sich selbst gewinnen – seien es neue Bekanntschaften, Freundschaften oder einfach das Bewusstsein, Gutes getan und anderen geholfen zu haben. Aber auch, wer nicht in der Lage ist, dem THW – sei es ehrenamtlich oder hauptamtlich – zu helfen, der kann sich an die THW-Stiftung wenden und auf diesem Weg die THWler unterstützen, da dort jede Spende die Ehrenamtlichen erreicht. So kann neues Material für den Einsatz gekauft, die Jugendarbeit oder auch die Katastrophenschutzforschung gefördert werden.

„Wer anderen hilft, lebt länger“

Zum Ende seines Vortrages überrascht Broemme schließlich die jugendlichen Zuhörer mit einer Information, die er nicht ohne Augenzwinkern vorträgt: Studien hätten gezeigt, dass Menschen, die sich engagieren, durchschnittlich sechs Jahre länger leben. So wirbt er für die starke Gemeinschaft des THWs, dessen Teil zu sein, eine großartige Erfahrung sei. Im Kontakt mit anderen Menschen lerne man neue Perspektiven und Meinungen kennen. Das sei einfach eine große Bereicherung für jeden! Und so schließt der scheidende THW-Präsident Broemme mit den Worten: „Anderen Menschen zu helfen ist eine unglaublich beglückende Arbeit!“.

Autor: Victor Abs (16), Redaktionsleiter der Schülerzeitung akomag des Aloisiuskollegs Bonn.

    

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