Corona: Luftfiltergeräte für Bonner Kitas und Schulen

Die Stadtverwaltung wird für alle Klassen- und Betreuungsräume in Kitas und Schulen in Bonn, die nicht ausreichend belüftet werden können, mobile Luftfiltergeräte bestellen, um damit die Gefahr der Ansteckung mit dem Coronavirus zu verringern. Die mobilen Geräte sind nur eine vorübergehende Lösung. Langfristig sollen die Räume mit einer dauerhaften Zu- und Abluft-Einrichtung ausgestattet werden. Die Verwaltung will für Beides vom Bund und Land angekündigte Fördermöglichkeiten nutzen.

Die Entscheidung des Krisenstabes, für 150 Räume und damit für alle Räume der Kategorie 2 in Schulen und Kitas mobile Luftreinigungsgeräte anzuschaffen, begrüße ich sehr“, erklärte Oberbürgermeisterin Katja Dörner. „Die mobilen Geräte sind eine gute Übergangslösung bis wir die nachhaltigere Lösung der dauerhaft eingebauten Zu- und Abluftgeräte haben.“

Vor dem Hintergrund des Infektionsgeschehens im Zuge der Corona-Pandemie und den widerstreitenden Aussagen zur Infektionsgefahr der Kinder und Jugendlichen musste geklärt werden, inwieweit Kitas und Klassenräume ausreichend gelüftet und damit die Aerosolbelastung und Infektionsgefahr für Kinder, Schülerinnen, Schüler und Lehr- und Erziehungskräfte minimiert werden können.

TÜV: Hohe Luftwechselraten in untersuchten Räumen
Zur Klärung hatte das Städtische Gebäudemanagement der Stadt Bonn (SGB) Ende April die TÜV Rheinland Energy GmbH (TRE) beauftragt zu beurteilen, ob der Einsatz von Luftreinigern in Schulen und Kindertagesstätten zu einem besseren Infektionsschutz beitragen kann oder gegebenenfalls notwendig ist.

Drei Schulen und eine Kindertagesstätte waren repräsentativ ausgesucht und untersucht worden: das Schulzentrum Tannenbusch, die Marienschule, das Heinrich-Hertz-Europakolleg und die Kita Gerhard-Hauptmann-Straße.

Untersucht wurden jeweils drei Räume unter typischen Nutzungs- und Lüftungsbedingungen, zum Beispiel Fenster oder Oberlichter in Kippstellung oder vollständig geöffnet und zusätzlich mit geöffneten Türen. Ermittelt wurden die Luftwechselzahl und die notwendigen Außenluftvolumenströme.

Der TÜV kommt zu dem Ergebnis, dass in den untersuchten Räumen unter den beschriebenen Bedingungen mit einer Ausnahme hohe bis sehr hohe Luftwechselraten vorlagen. Aufgrund des hohen Luftaustausches sind mobile Luftreiniger aus hygienischer Sicht daher nicht zwingend notwendig. Allerdings können mobile Luftreiniger, die Aerosole und Viruspartikel über Hepa-Filter aus der angesaugten Raumluft abscheiden, die Viruslast verringern.

Alle untersuchten Räume, mit Ausnahme eines Kellerraumes mit Fensteroberlichtern im Heinrich-Hertz-Europakolleg, waren ausreichend zu lüften. Für diesen Kellerraum, der bereits im vergangenen Schuljahr nicht mehr genutzt wurde, und ähnliche weitere Räume ist aus infektionshygienischer Sicht eine rein manuelle Lüftung nicht ausreichend, und hier könnte der Einsatz von Luftreinigern aus hygienischer Sicht für bessere Luft sorgen. Luftreiniger allein können aber nur bedingt die während des Unterrichts mit der Zeit schlechter werdende Luftqualität im Hinblick auf die Viruslast verbessern. Darüber hinaus haben sie keinen Einfluss auf die CO2-Konzentration im Raum. Diese kann nur durch Frischluftzufuhr reduziert werden.

Lüften weiter essentiell
Da Luftreiniger das Lüften nicht ersetzen können, verweist der TÜV auf einen Lüftungsplan mit geregelten Lüftungsmaßnahmen, auf die seitens der Bundestadt Bonn regelmäßig hingewiesen wird. Einen solchen Plan hat auch das Umweltbundesamt (UBA) veröffentlicht.

Kurz zusammengefasst sieht er folgendes vor:

  • Stoßlüften alle 20 Minuten für 3 bis 5 Minuten im Winter bzw. 10 bis 20 Minuten im Sommer
  • Lüften während der gesamten Pausen
  • wenn möglich Querlüften.

Beim Stoß- und Querlüften sinkt die Raumtemperatur nur um wenige Grad ab und steigt nach dem Schließen der Fenster wieder schnell an.

Zusätzlich könnten bei hohen CO2-Konzentrationen Messungen mit CO2-Ampeln die Notwendigkeit von zusätzlichen Lüftungsmaßnahmen anzeigen.

Umweltbundesamt klassifiziert Räume in Kitas und Schulen
Das UBA hat mit Datum vom 17. Juli 2021 seinerseits Klassifizierungen von Schul- und Kitaräumen vorgenommen. Anhand dieser Empfehlungen und auf der Grundlage der Ergebnisse der TÜV-Gutachten hat das SGB kurzfristig die rund 2.770 Schulräume, die für Unterricht oder Betreuung genutzt werden, und die Kita-Räume erneut überprüft und bewertet.

Demnach gehören rund 2.640 Räume in Schulen der Kategorie 1 an und sind ohne weitere technische Maßnahmen zu nutzen. Diese Räume sind entweder mit einer raumlufttechnischen Anlage versehen oder die Fenster können so weit geöffnet werden, dass die Räume ausreichend gelüftet werden.

117 Räume entsprechen der Kategorie 2 mit eingeschränkten Lüftungsmöglichkeiten. Räume werden in die Kategorie 2 eingestuft, wenn die Fenster nur kippbar sind bzw. Lüftungsklappen mit minimalem Querschnitt und keine raumlufttechnische Anlage vorhanden ist. Während in Bonn gut vier Prozent der Klassenräume in die Kategorie 2 eingestuft werden, kam das Umweltbundesamt im Juli dieses Jahres in zwei Bundesländern auf einen Anteil von 15 bis 25 Prozent.

Elf Räume werden in die Kategorie 3 eingestuft. Diese sind nicht zu belüften. Sie sind, wie der Kellerraum im Heinrich-Hertz-Europakolleg, bis auf weiteres nicht nutzbar.

Für die Kitas ist das Ergebnis der Überprüfung, dass die Räume der weitaus meisten Kitas gut zu belüften sind und ohne Einschränkungen genutzt werden können. „In voraussichtlich drei Kitas müssen nach jetzigem Stand 20 Räume der Kategorie 2 zugeordnet werden. In diesen 20 Räumen wollen wir kurzfristig Luftreinigungsgeräte aufstellen und für eine langfristige Lösung den Einbau von festen Zu- und Abluft­geräten prüfen“, so Lutz Leide, Leiter des Städtischen Gebäudemanagements Bonn.

Weitaus größter Teil der Räume ist gut zu belüften
„Ich bin sehr erleichtert darüber, dass der weitaus größte Teil der von unseren Kindern und Jugendlichen genutzten Räume ausreichend und gut zu belüften ist“, so Carolin Krause, Beigeordnete für Schule, Soziales und Jugend. „Wir liegen bei der geringen Zahl an Räumen in der Kategorie 2 weit unter dem Landesschnitt. Das ist erfreulich.“

„Die Räume der Kategorie 2 wurden auch bereits in der Vergangenheit dahingehend untersucht, ob durch einfache bauliche Maßnahmen weitere Verbesserungen der Lüftungssituation erreicht werden können“, so Leide weiter. Räume, bei denen dies nicht möglich ist und war, sollen vorrangig eine Zu- und Abluftanlage erhalten. Dabei handelt es sich um Zu- und Abluftanlagen z.B. in Oberlichtern bzw. fest verbaute Anlagen mit einer Lüftung in den Außenbereich.

Experten: Geräte ersetzen bekannte Hygienemaßnahmen nicht
Professor Dr. Martin Exner, ehemaliger Direktor des Instituts für Hygiene und Öffentliche Gesundheit und Geschäftsführender Direktor des Zentrums für Infektiologie und Infektionsschutz der Universität Bonn, und sein Nachfolger im Amt, Professor Dr. Nico Mutters, sehen in den Luftreinigungsgeräten nur einen Teil der notwendigen Maßnahmen zur Prävention von SARS-CoV-2. Sie betonen, dass die Geräte die übrigen Maßnahmen wie Lüften, AHA+L-Regeln, Masken, Testen und Impfen nicht ersetzen können, weil sie nicht für die notwendige Frischluftzufuhr sorgen. Professor Exner: „Es muss weiterhin regelmäßig gelüftet werden, und es müssen die Hygiene-Regeln, die wir im Laufe der Pandemie gelernt haben, konsequent eingehalten werden.“

Professor Exner erinnerte daran, dass es in einer Beueler Kita zu einem Ausbruch gekommen ist, obwohl dort drei mobile Luftreinigungsgeräte im Einsatz waren.

Die Professoren, die den Krisenstab der Bundesstadt Bonn beraten, bevorzugen auch in Räumen der Kategorie 2 den Einbau einfacher Abluftventilatoren in Oberlichtern als eine nachhaltige Lösung. Die stellvertretende Leiterin des Krisenstabes, Stadtkämmerin Margarete Heidler, bekräftigt daher den Plan der Verwaltung, langfristig mit finanzieller Unterstützung des Bundes und des Landes, Ab- und Zuluftanlagen in den Klassenräumen einzubauen.

Konkrete Fördervoraussetzungen von Bund und Land fehlen noch
Land und Bund haben angekündigt, sowohl die notwendigen Luftfiltergeräte als auch Baumaßnahmen zu fördern. Es fehlen aber noch die konkreten Fördervoraussetzungen für die Beschaffung von Luftfiltergeräten. Informationen dazu sind für die nahe Zukunft angekündigt. Der Krisenstab der Bundesstadt Bonn hat dennoch beschlossen, jetzt die Ausschreibung zur Beschaffung der Geräte auf den Weg zu bringen, da aufgrund der hohen Nachfrage mit längeren Lieferzeiten zu rechnen ist. Die Verwaltung geht davon aus, dass für die angeschafften Geräte dann auch die Fördermittel fließen.

Mobile Luftreinigungsgeräte, die den Anforderungen genügen, kosten im Moment etwa 3.000 Euro zuzüglich eventueller Installations- und Wartungskosten. Parallel werden die weiteren Planungen für bauliche Anlagen durchgeführt. Für jede dauerhaft eingebaute Ab- und Zuluftanlage sind nach jetzigem Kenntnisstand rund 15.000 Euro zuzüglich Planungs-, Einbau- und Wartungskosten zu veranschlagen.

Weitere Information:
Zu den drei Kategorien des Umweltbundesamtes (UBA) von Schulräumen: https://www.umweltbundesamt.de/themen/lueftung-lueftungsanlagen-mobile-luftreiniger-an
Lüftungsempfehlungen für Schulen des UBA: https://www.umweltbundesamt.de/richtig-lueften-in-schulen#warum-ist-ein-regelmassiger-luftaustausch-in-klassenzimmern-wichtig
CO2-Timer-App der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV): https://www.dguv.de/ifa/praxishilfen/innenraumarbeitsplaetze/raumluftqualitaet/co2-app/index.jsp

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