Die Bundesstadt Bonn beschreitet neue Wege zur Gestaltung des digitalen Wandels. In diesem Digitalisierungsprozess wird die Stadtverwaltung mit dem Ausbau von IT-Fachverfahren und Onlinediensten ihr Angebot für die Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen attraktiver, zeitgemäßer und digital gestalten. Dabei wird sie von einem Chief Digital Officer unterstützt, der Anfang 2018 seine Arbeit aufgenommen hat.
“Die gesellschaftliche Digitalisierung spielt sich heute ab – und nicht irgendwann in der Zukunft”, betont Bonns Oberbürgermeister Ashok Sridharan. Er hatte daher 2015 gemeinsam mit dem Geschäftsführer der Firma axxessio, Goodarz Mahbobi, und der IHK Bonn/Rhein-Sieg die Initiative “Digitales Bonn” ins Leben gerufen. Vertreterinnen und Vertreter aus Unternehmen, Behörden und Non-Profit-Organisationen hatten mit großem Engagement Projektideen zur digitalen Verwaltung und Smart City entwickelt.
“Die Digitalisierungsstrategie ist kein in sich abgeschlossener und befristeter Projektplan für die nächsten Jahre”, macht der Oberbürgermeister deutlich. “Sie wird ein fortlaufender und dauerhafter Prozess sein, der auf bestehende Geschäftsprozesse aufsetzt und unter Umständen Änderungen in den organisatorischen Abläufen erfordert. Wir setzen dabei auf eine starke Partnerschaft zwischen Stadt, Unternehmen und Wissenschaftseinrichtungen.”
Zwei zentrale Ergebnisse aus der Initiative “Digitales Bonn” sind bereits erfolgreich umgesetzt: die Einführung der Position eines “Chief Digital Officer”, um die Digitalisierungsstrategie der Verwaltung zu fokussieren und voranzutreiben, sowie die Gründung des “Digitalen Hubs Region Bonn”. Auf dieser Basis wird die Stadt Bonn den Bereich digitaler Verwaltung und Smart City stärken und in den nächsten Jahren ausbauen. Dafür muss zunächst das Bewusstsein der Öffentlichkeit für die Digitalisierung geschärft und damit eine Akzeptanz für die digitale Transformation geschaffen werden. “Bonn ist viertgrößte IT-Standort in Deutschland mit über 10.000 Beschäftigten in diesem Sektor und zudem das Herz der Informations- und Cybersicherheit in Europa”, weiß Wirtschaftsförderin Victoria Appelbe. Daher will OB Sridharan diesen Bereich weiter stärken.
Chief Digital Officer moderiert und koordiniert
Seit Mitte Januar 2018 ist Friedrich Fuß der neue Chief Digital Officer (CDO) der Stadt Bonn. Er ist Berater der Verwaltung, bündelt und vernetzt die Akteure und Aktivitäten im Bereich “Digitale Verwaltung – Smart City”. “Eine echte digitale Transformation der Verwaltung entsteht nur, wenn alle finanziellen und personellen Aufwendungen für IT-Maßnahmen im Rahmen einer ganzheitlichen Strategie gebündelt, organisatorisch optimiert und kundenorientiert in die Geschäftsprozesse einfließen”, sagt Fuß. “Die Umsetzung der digitalen Verwaltung ist vor allem eine Führungsaufgabe, die alle Führungskräfte aktiv fordert, und nicht nur ein technisches Thema.”
Tiefgreifende Veränderungen in der Verwaltung
Der notwendige Veränderungsprozess der Verwaltung ist tiefgreifender, als es auf den ersten Blick scheint. Digitalisierung der Arbeit bedeutet nicht einen reinen 1:1-Wechsel von analogen Arbeitsabläufen hin zu elektronischen Prozessen. Alle geplanten Projekte gehen über die herkömmliche IT-Administration bestehender IT-Fachverfahren hinaus. Zusätzliche Aufgabenbereiche sind dabei unter anderem Ausstattungsanpassungen der Büroarbeitsplätze in der Verwaltung, die Möglichkeit einer Datenintegration von IT-Fachverfahren untereinander, die Bereitstellung von Basisinformationen inklusive einer Open Data-Verfügbarkeit, die Neuentwicklung von Onlinediensten für Bürgerinnen und Bürger/Unternehmen mit Authentifizierungsverfahren und ePayment, der weitere Ausbau der eAkte bzw. eines digitalen Dokumentenmanagements in den Fachbereichen.
Die Verwaltung hat sich zunächst auf erste umsetzbare Vorschläge für die nächsten zwei Jahre konzentriert. Der Fokus liegt auf einer optimierten Nutzung des Onlineangebotes mit mobilen Endgeräten, einer Optimierung von Informationszugängen für interne und externe Nutzergruppen sowie einer Verbesserung organisatorischer Abläufe der Onlinedienstleistungen.
So hat die Verwaltung zum 1. Januar 2018 das Online-Bewerbermanagement gestartet. “Digitalisierung und Demographie bedingter Fachkräftemangel treffen hier aufeinander und schaffen effizientere Prozesse bei steigender Qualität. Im Wettbewerb um die besten Kräfte erhalten Bewerberinnen und Bewerber ein schnelleres Feedback, die Verwaltung kann Vakanzen durch einen verkürzten Einstellungsprozess reduzieren”, sagt Andreas Leinhaas, Leiter des Personal- und Organisationsamtes.
Noch in der zweiten Jahreshälfte 2018 soll es den neuen Internetauftritt von www.bonn.de mit einem Ausbau von Onlinedienstleistungen geben. Weitere Projekte der digitalen Verwaltung sind:
- “Digitaler Arbeitsplatz” am Beispiel der Beihilfestelle
- Einführung ePayment am Beispiel VHS und Schwimmbad
- BottyBonn als Beispiel für Möglichkeiten von KI
Ebenso ist der Bereich von Smart City kräftig in Bewegung. Zunächst begann kurz vor der Weltklimakonferenz in Bonn im November 2017 ein Pilotprojekt an 21 Stellen im öffentlichen Raum mit einer Sensorvernetzung von Straßenbeleuchtungen und Wertstoffcontainern sowie Umweltdatenübertragung durch sogenannte NarrowBand-Technik, den Internet of Things-Sensoren. Dadurch sind die Straßenlaternen dimmbar, per Bewegungsmelder können sich die Straßenlaternen automatisch abdunkeln und aufhellen. Außerdem erhalten die Stadtwerke Bonn proaktiv eine Meldung, wenn eine Birne beschädigt ist oder ausgetauscht werden muss. Und die Abfallcontainer melden sich, wenn sie geleert werden müssen.
Handy-Parken startet in der ersten Jahreshälfte
Nun kommt in der ersten Jahreshälfte 2018 das Projekt Handy-Parken. “Dadurch ist eine Bezahlung von Parkplätzen mit Hilfe des Smartphones einschließlich verschiedener Komfort-Funktionen, wie z.B. die Nachbuchung von Parkzeit möglich”, erläutert Monika Gehrmann, stellvertretende Leiterin des Tiefbauamtes.
Die Telekom hat ein neues Dienstleistungspaket entwickelt, das Kommunen, Parkplatzbetreiber und Autofahrer auf einer Plattform zusammenbringt. Die Lösung “Park and Joy” ist ein digitaler Marktplatz für Parkraum, ob auf öffentlichen Parkplätzen oder in privaten Parkhäusern.
Das Projekt Handyparken wird über den Verein Smartparking in Bonn realisiert. Bei Smartparking handelt es sich um einen Verein, der allen potentiellen Anbietern die Teilnahme am Handyparken eröffnet. Auf bewirtschafteten städtischen Straßenparkflächen werden die Parkscheinautomaten mit Aufklebern versehen, die darauf hinweisen, wo das Handyparken möglich ist. Autofahrer können an diesen Parkflächen einfach und bequem ihr digitales Parkticket mit der Park-and-Joy-App lösen. Dabei können sie flexibel über die mobile Anwendung die Parkzeit verkürzen oder verlängern.
Parkplätze suchen, finden und zahlen per App – das soll in Bonn künftig möglich sein. Zu einer digitalen Parkdienstleistung haben sich die Stadt Bonn, die Stadtwerke Bonn und die Telekomsparte T-Systems im vergangenen Jahr mit einer Absichtserklärung zusammen gefunden. Über die Telekom-App “Park and Joy” können sich künftig Autofahrer über freie Parkplätze auf städtischen, bewirtschafteten Parkplätzen informieren und über die Plattform von Smartparking e.V. per App bargeldlos die entsprechenden Gebühren entrichten
Ebenfalls im ersten Halbjahr 2018 soll Park an Joy im Rahmen eines Pilotprojekts gestartet werden.
Bisherige Finanzmittel werden nicht ausreichen
“Bei dem weiteren Digitalisierungsprozess geht es letztlich auch um eine gemeinsame politische Abstimmung, mit welchen finanziellen Mitteln sich die Stadt Bonn als Digitale Verwaltung und als Smart City innovativ positionieren kann”, schlägt Oberbürgermeister Sridharan wieder den Bogen zur Stadtverwaltung. Schon jetzt zeichne sich ab, dass die bisherigen Finanzmittel für die nächsten Jahre nicht ausreichen werden und eine neue Standortbestimmung erforderlich sei: “Wir müssen gemeinsam daran arbeiten, gesellschaftliche lohnenswerte weitere Projekte umzusetzen und in den nächsten Jahren einen Digitalen Wandel zu forcieren.”
Lebenslauf von Friedrich Fuß
Personalentwickler und Top Executive Coach. Seine Schwerpunkte sind die Digitale Transformation, die Vernetzung von angewandter Wissenschaft und Wirtschaft sowie die Entwicklung von Führungskräften. Friedrich Fuß hat mehrere Lehraufträge an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg und an der Hochschule für Telekommunikation in Leipzig. 2012 gründete er das Unternehmen NGVersity UG.
Von Mai 2009 bis Oktober 2011 hat Friedrich Fuß als Geschäftsführer den Technischen Service der Deutschen Telekom verantwortet. In der größten Serviceorganisation Europas war er als Vorsitzender der Geschäftsführung der Deutschen Telekom Technischer Service GmbH bundesweit für mehr als 21.000 Beschäftigte verantwortlich. Zuvor war Fuß zweieinhalb Jahre als Bereichsvorstand und Geschäftsführer der Deutschen Telekom Netzproduktion GmbH für die gesamte Festnetzinfrastruktur des Unternehmensbereichs T-Home der Deutschen Telekom AG sowie für das Geschäftsergebnis des Bereiches Technik verantwortlich.
Friedrich Fuß, geboren 1957, studierte Nachrichtentechnik an der Universität der Bundeswehr in Hamburg. Er war bis 1988 als Offizier bei der Bundeswehr tätig. Seine berufliche Karriere bei der Deutschen Telekom startete Fuß 1988 und übernahm verschiedene leitende Positionen in regionalen sowie zentralen Organisationseinheiten. Unter seiner Leitung wurde 2003 die Neuorganisation der Technikbereiche mit rund 50.000 Mitarbeitern in zwei organisatorisch selbstständige Einheiten “Technik” und “Technischer Service” umgesetzt.
Begrifflichkeiten
Digitale Verwaltung:
Die Digitale Verwaltung umfasst primär als Querschnittsaufgabe der Gesamtverwaltung Themenfelder von der Gestaltung des digitalen Arbeitsplatzes, Gestaltung von IT-Arbeitsprozessen bis hin zu eGovernment-Dienstleistungen/Onlinedienstleistungsangebote der Verwaltung. Ansprechpartner ist die Stabsstelle CDO im Personal- und Organisationsamt.
Smart City:
Smart City umfasst gesamtstädtische Perspektivkonzepte, die Städte effizienter, technologisch fortschrittlicher, grüner und sozial inklusiver gestalten können. Diese Konzepte umfassen primär technische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Infrastrukturinnovationen sowie regional spezielle Clusterthemen.
Digitale Transformation:
Digitale Transformation in der Wirtschaft betrifft alle Wirtschaftsbereiche. Innerhalb der Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) sind in Bonn die Informations- und Cybersicherheit und die Geobusinessregion die besonderen Cluster. Ansprechpartner ist die Wirtschaftsförderung. Der Digitale Hub Region Bonn leistet einen maßgeblichen Beitrag zur Förderung der digitalen Wirtschaft durch Nutzung der Innovationskraft von Start-ups und die Transformation mittelständischer Betriebe.