Warnung vor Bachhochwasser: Stadt entwickelt neue Alarmpegel für Godesberger Bäche

In den letzten Jahren treten Starkregen und Bachhochwasser vermehrt auf und verursachen regelmäßig erhebliche Schäden. In Bonn waren bislang die Bad Godesberger Bürgerinnen und Bürger besonders betroffen. Damit die Anwohner von Mehlemer und Godesberger Bach künftig besser, frühzeitiger und zuverlässiger vor einer Hochwasserwelle gewarnt werden können, hat das Tiefbauamt der Stadt Bonn einen neuen Alarmpegel entwickelt, dessen Funktionsweise Amtsleiter Peter Esch nun bei einem Pressetermin erläutert hat.

Die neuartige Mess- und Warneinrichtung wurde an einer Pilotmessstelle am Mehlemer Bach, Bachemer Straße, installiert und in den vergangenen Wochen getestet. Die Ergebnisse lassen jetzt die Ausweitung auf zunächst je drei weitere Messstellen am Mehlemer und Godesberger Bach zu.

Pilotprojekt am Mehlemer Bach

Die Apparatur, die ganz simpel und harmlos aussieht, ermittelt ständig den Pegel des Mehlemer Bachs. Es handelt sich um eine berührungslos mit Radartechnik arbeitende Mess-Einheit, die zuverlässig 24 Stunden am Tag, 365 Tage im Jahr, Daten an einen Verkehrsrechner übermittelt, der eigentlich für Ampelschaltungen verantwortlichen ist.

Der Standort am Mehlemer Bach wurde für das Anfang des Jahres installierte Pilotprojekt vorgesehen, weil das Tiefbauamt hier aus mehreren Hochwasserereignissen aus den vergangenen Jahren auf die beste hydraulische Datenlage zurückgreifen konnte. Als weitere Komponente sollen einige Messstellen zusätzlich mit Videotechnik ausgestattet werden. Werden bei der Messung kritische Lagen erkannt, ermöglicht die Videotechnik eine rasche visuelle Kontrolle der Brückendurchlässe.

Nachdem sich das Pilotprojekt nach diesem ersten Testlauf bewährt hat, sollen in den nächsten Monaten an drei weiteren Standorten am Godesberger und Mehlemer Bach weitere Alarmpegel errichtet werden. Diese beiden Bäche sind gerade in den letzten Jahre besonders stark betroffenen gewesen. Letztlich sollen alle Bachsysteme mit höherem Schadenspotential mit dieser Technik ausgestattet und damit auch lückenlos Tag und Nacht überwacht werden.

Zusammenarbeit mit der Feuerwehr

Geht ein heftiger Starkregen im teils großen Einzugsgebiet der Bäche nieder, kommt es nach kürzester Zeit zum Hochwasserabfluss. Es ist bislang kaum möglich ausreichend schnell zu erkennen, ob ein starker Hochwasserabfluss auch zu einer Überlastung der Bachläufe führt. Für eine Erkundung vor Ort durch Einsatzkräfte der Feuerwehr oder die Ingenieur-Rufbereitschaft des Tiefbauamts bleibt keine Zeit. Eine Warnung bei jedem Starkregenereignis im Sommer würde zu sehr vielen Fehlalarmen führen.

Im nächsten Schritt wird deshalb die Datenübermittlung zur Feuerwehr realisiert. Damit einher geht die Kalibrierung des Systems um in der Leitstelle der Feuerwehr aufgrund von vorher durch das Tiefbauamt festgelegten Warnschwellen und Anstiegsraten der Pegelwerte die Warnung auslösen zu können.

Warnung vor der Hochwasserwelle

Trotz aller Strategien, die Stadt und Bürger als Vorsorge und zum Schutz vor Hochwasser und Überschwemmungen ergreifen können, waren bislang die Möglichkeiten für eine frühzeitige Warnung vor der Hochwasserwelle noch sehr beschränkt. Zur Verbesserung dieser Situation beschreitet das Tiefbauamt mehrere Wege.

So wurden zunächst stadtweit und auf dem Gebiet der Gemeinde Wachtberg Regenmessstationen errichtet. Sie melden sich bei Erreichen bestimmter Niederschlagsmengen in festgelegten Zeiteinheiten. Ziel ist die Alarmauslösung etwa per Sirene oder per Warn-App NINA sobald kritische Werte erreicht werden. Die Regenmesser sind einsatzbereit, die Datenübertragung zur Feuerwehr funktioniert. Die Ausweitung der Messungen insbesondere auch in Wachtberg wird sukzessive umgesetzt. Leider liefern diese Messeinrichtungen aber nur bedingt belastbare Rückschlüsse auf die Pegelstände, so dass sie als alleinige Alarmauslöser ungeeignet sind und eher als unterstützendes System fungieren können.

Die wasserwirtschaftlichen Pegelmessstellen, die das Tiefbauamt betreibt, haben eine andere Aufgabe und bilden keine Basis für eine zuverlässigere Warnung. Denn sie arbeiten mit einer Technik, die bei starkregenbedingten Hochwasserabflüssen regelmäßig versagt oder sogar zerstört wird.

Der Vorteil des neu entwickelten Alarmpegels ist die jederzeitige und weitgehend unwetterresistente Einsatzbereitschaft. Sie liefert rund um die Uhr Daten, die eine Alarmauslösung erlauben.

Trotz dieser Innovationen wird auch in Zukunft keine vollkommen verlässliche Warnung möglich sein. Gerade der Beginn des Projektes in diesem Jahr wird davon geprägt sein, dass Erfahrungen für die Kalibrierung des Systems gesammelt werden. Auch zukünftig ist es nicht ausgeschlossen, dass Warnungen nicht erfolgen, wo sie rückblickend nötig gewesen wären, oder dass es zu Fehlalarmen kommt.

Zusätzlicher Baustein in der Starkregenvorsorge

„Da es sich bei Niederschlägen mit 100 oder mehr Jahren statistisch zu erwartender Wiederkehrzeit um Naturkatastrophen handelt, laufen Vermeidungsstrategien zwangsläufig ins Leere, sieht man einmal vom Entlastungskanal am Mehlemer Bach ab, der aber nur errichtet werden kann, weil die topographischen Bedingungen geeignet sind“, erläutert Peter Esch. „Der neue Alarmpegel ist nun ein zusätzlicher Baustein, um die Bevölkerung möglichst rechtzeitig vor der Hochwasserwelle zu warnen, damit noch rasch zu erledigende, letzte Schutzmaßnahmen ergriffen werden können“, so der Tiefbauamtsleiter.

Die Stadt Bonn nimmt ihre Fürsorgepflichten für die Bevölkerung ernst und auch wahr. Das Tiefbauamt, das für die Unterhaltung des rund 950 Kilometer langen städtischen Kanalnetzes verantwortlich ist, ergreift überall da, wo es möglich und wirtschaftlich darstellbar ist, bauliche Schutzmaßnahmen. „Aber wir werden auch nicht müde, die Bürgerinnen und Bürger an ihre Pflicht zur Eigenvorsorge zu erinnern und umfangreich zu informieren. Denn letztlich ist die individuelle Eigenvorsorge der beste Schutz für Leben und Eigentum“, erklärt Esch.

Zur Sensibilisierung der Bevölkerung hat das Tiefbauamt mehrere Broschüren und Faltblätter entwickelt und verteilt. Die jüngste Idee, die realisiert wurde, ist die Beifügung eines Info-Blatts zu den Grundbesitzabgabenbescheiden, die im Februar 2017 verschickt wurden. Die Informationsdichte auf der städtischen Internetseite www.bonn.de/@starkregen zum Thema ist inzwischen sehr umfangreich und gut.

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