75 Jahre Bonner Stadtbibliothek: Eine abwechslungsreiche Geschichte

Mit einem Bestand von 10.000 Bänden begann vor 75 Jahren die Geschichte der Stadtbibliothek Bonn. Am 8. Februar 1943 öffnete die Bücherei im Rathaus am Markt erstmalig für die Buch-Ausgabe. Heute verzeichnet die neue Zentralbibliothek im Haus der Bildung mehr als 1,4 Millionen Entleihungen pro Jahr.

Mit einem „Startkapital“ von 10.000 Büchern begann am 8. Februar 1943 die Geschichte der Bonner Stadtbibliothek. Damals hieß sie Stadtbücherei und war im Rathaus am Markt untergebracht. Bereits im Gründungsjahr 1943 konnte die neue Stadtbücherei im Rathaus mehr als 35.000 Entleihungen zählen. Bei einem verheerenden Bombenangriff am 18. Oktober 1944 wurde mit dem Rathaus auch die Stadtbücherei in Schutt und Asche gelegt. Lediglich in zwei Notausgabestellen in Poppelsdorf und Graurheindorf konnte die Arbeit mit erheblich dezimierten Beständen behelfsmäßig fortgeführt werden. Nach Kriegsende verfügte die Stadtbücherei noch über ganze 3.400 Bücher. Doch danach ging es stetig bergauf. Schon zwei Jahre später lag die Zahl der Entleihungen schon wieder bei 40.000.

In den kommenden Jahren entwickelte sich die Bücherei weiter: Eine erste Kinderlesestube kam 1948 in der damaligen „Wetzlar-Schule“ dazu. 1949 eröffnete dann die Stadt Bonn in der ehemaligen Wilhelmschule das Haus der Erwachsenenbildung mit der neuen Stadtbücherei-Hauptstelle und der neugegründeten Volkshochschule (Bonner Bildungswerk) unter einem Dach.

1963 eröffnet die Musikbibliothek in Schumanns wiederaufgebautem Sterbehaus

1952 wurde im Keller der neugebauten Elisabethschule in Kessenich die erste Zweigbücherei gegründet. Im Norden der Stadt kamen nacheinander die Jugendbücherei Nordstraße und die Jugendbücherei Hedwigschule hinzu. Ihnen folgten 1956 im Süden der Stadt die Jugendbücherei Wasserland und 1960 die Jugendbücherei Tannenbusch. Als Modelleinrichtung einer kombinierten Berufsschul- und öffentlichen Bücherei galt die im Kaufmännischen Berufsschulzentrum 1961 eröffnete „Bücherei der Jugend“, in die auch die Bestände der ehemaligen Kinderlesestube übernommen wurden.

Im Mai 1963 stand dann noch eine besondere Eröffnung an: Im wiederaufgebauten Sterbehaus von Robert Schumann hieß die städtische Musikbücherei mit einem Anfangsbestand von 2.410 Noten, 1.572 Bänden Musikliteratur und 236 Schallplatten ihre Gäste willkommen.

Nach 20-jähriger Entwicklung verfügte die Stadtbücherei somit über ein Netz von zehn Büchereien mit einem Gesamtbestand von mehr als 80.000 Büchern, Zeitschriften, Noten und Schallplatten bei jährlich 177.000 Entleihungen, die von 8.500 eingetragenen Jahreslesern wahrgenommen wurden.

Im Aulagebäude des neuen Gymnasiums in Tannenbusch wurde 1967 eine neue städtische Zweigbücherei Tannenbusch eingerichtet. Sie übernahm gleichzeitig die Bestände der schon 1960 gegründeten Jugendbücherei. Im selben Jahr wurde im Schulzentrum Herselerstraße die Jugendbücherei Rheindorf eröffnet.

Ab 1969 beherbergte die restaurierte historische Endenicher Burg die Zweigbücherei Endenich, der eine Altenbücherei angegliedert wurde mit Sonderbeständen an Büchern in Großdruck. Hier wurde jetzt auch der „Altenbücherdienst“ etabliert, der später zum „Bücherdienst für behinderte Bürger“ umgewandelt wurde.

Im Rahmen der kommunalen Neugliederung des Raumes Bonn wurden 1970 die beiden Stadtbüchereien in Bad Godesberg und Beuel mit einer Zweigbücherei in Pützchen als „Bezirksbüchereien“ in das System der Stadtbücherei Bonn eingegliedert.

Der Bücherbus beliefert die Außenbezirke mit Literatur

Zur Sicherstellung der Literaturversorgung in den neuen Außenbezirken beschloss der Rat der Stadt Bonn 1970 die Beschaffung eines Büchereibusses zur Einrichtung einer Autobücherei. Diese startete im Februar 1972 ihren Ausleihbetrieb, um im 14-tägigen Turnus insgesamt 16 Haltepunkte an der Stadtperipherie anzufahren und hier jeweils mit einem Freihandbestand von 4.000 Bänden Büchereiarbeit vor Ort zu leisten. Schon nach einem Dreivierteljahr verzeichnete die Autobücherei mehr als 50.000 Entleihungen. 1981 kam ein zweiter Bücherbus dazu, wodurch jede Woche 18 Haltpunkte angefahren werden konnten. Die Autobücherei stellte 1992 den rechtsrheinischen und 1994 den linksrheinischen Betrieb ein.

1980 eröffnet die neue moderne Zentralbibliothek im alten Stadthaus am Bottlerplatz

Um den wachsenden Nutzerzahlen gerecht zu werden, musste sich auch die Stadtbibliothek weiterentwickeln. So konnte im Oktober 1980 die Eröffnung der neuen modernen Zentralbibliothek im alten Stadthaus am Bottlerplatz eröffnet werden. Bereits 1997 wurde die Stadtbücherei Leistungszentrum und änderte ihre Bezeichnung in Stadtbibliothek, um damit ihren gewachsenen Anspruch in der kulturellen Grundversorgung in der Bezeichnung zu dokumentieren.

Auch in den Bezirken ging es voran: lm Herbst 1982 eröffnete die neue Stadtteil- und Gesamtschulbücherei Beuel-Ost, im Frühjahr 1983 wurde die neue Zweigbücherei im Ortszentrum Dottendorf eingeweiht. Schließlich erfolgte im Sommer 1983 die Fertigstellung der neuen Zweigbücherei Tannenbusch im Bonner Norden. Die Bezirksbibliothek Beuel siedelte 1989 ins Brückenforum in neue größere Räume um. 1991 vergrößerte sich auch die Bezirksbibliothek Bad Godesberg in den neuen Räumen im Lindeblock. Auf dem Brüser Berg öffnete 1994 die dortige Stadtteilbücherei mit Beständen der Autobücherei und erheblichen Neukäufen.

Vorübergehender Umzug in die Cassius-Bastei während der Bauarbeiten zum Haus der Bildung

Den vorläufigen Höhepunkt ihrer abwechslungsreichen Geschichte erreichte die Stadtbibliothek Bonn dann im Jahr 2010: rund 340.000 Medieneinheiten an zehn Standorten erzielten 1.716.429 Entleihungen. Von Oktober 2011 bis September 2015 folgte für die Stadtbibliothek allerdings eine „Zwangspause“, denn wegen des Umbaus zum Haus der Bildung kam die Einrichtung vorübergehend in der benachbarten Cassius-Bastei unter. Dort waren dann fast vier Jahre die Kinderbibliothek sowie ein kleiner Teil des übrigen Medienbestandes der Zentralbibliothek untergebracht, der Rest war in Dottendorf, Beuel und Godesberg zwischengelagert. Obwohl alle Medien in die Cassius-Bastei und in die anderen neun Zweigstellen bestellt werden konnten, ging die Anzahl der Entleihungen in dieser Zeit bis auf 1.210.788 im Jahr 2015 zurück. Mit einem Festakt wurde am 22. August 2015 die neue Zentralbibliothek im Haus der Bildung wiedereröffnet. Seitdem gehen die Ausleihzahlen wieder stetig in die Höhe und lagen im Jahr 2017 bei 1.463.911 Entleihungen.

Bibliothekskonzept bringt Veränderungen

Im Rahmen des neuen Bibliothekskonzeptes ist die Zweigstelle in der Gesamtschule Beuel im Sommer 2015 geschlossen worden. Zudem betreibt die Stadt Bonn seit 2016 erstmalig drei Stadtteilbibliotheken im Ehrenamtsmodell: Der Ausleihbetreib und die Veranstaltungsarbeit vor Ort werden seitdem in den Stadtteilbibliotheken Endenich und Dottendorf sowie in der Integrierten Stadtteilbibliothek Auerberg – als Ersatz für die kurz zuvor geschlossene Stadtteilbibliothek Rheindorf – ehrenamtlich organisiert.

Die Entwicklung der Stadtbibliothek Bonn von 1943 bis 2018 war geprägt von Höhen und Tiefen. „Mehrere Zusammenlegungs- und Schließungsszenarien gab es in der 75-jährigen Geschichte dieser wichtigen Bildungseinrichtung in Bonn“, so die Leiterin der Stadtbibliothek, Helga Albrecht, „dennoch ist sie eine Erfolgsgeschichte, die im zweiten Weltkrieg begann und sich danach kontinuierlich fortsetzte.“

Im Juni 2018 wird die Stadtbibliothek Bonn ihr 75-jähriges Bestehen mit einem Festtag begehen. Zurzeit erfolgt der Feinschliff am Überraschungsprogramm mit Veranstaltungen für Menschen aller Altersgruppen.

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